Gemeinsam für bessere Bildung
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Ein voller Erfolg: Knapp 30.000 Schüler*innen in Nordrhein-Westfalen wurden bereits durch das Programm students@school unterstützt. Ein Zwischenstandsbericht.
Seit Jahren sinken in Deutschland die Leistungen der Grundschüler*innen. Das zeigt auch der IQB-Bildungstrend 2021, eine von der Kultusministerkonferenz (KMK) in Auftrag gegebene Untersuchung. Bei dieser Entwicklung spielen unter anderem die pandemiebedingten Einschränkungen des Schulbetriebs eine Rolle, meinen die Autor*innen. Aber auch der Personalmangel an den Schulen ist eine große Herausforderung, die bereits vor der Pandemie bestand. Dabei brauchen gerade die Schüler*innen, die die schulischen Mindestanforderungen nicht erfüllen, mehr und individuellere Förderung. Hier setzt students@school an: Seit November 2021 bringt das Programm von RuhrFutur in einem unkomplizierten Anmeldeverfahren Schulen und qualifizierte Lehramtsstudierende zusammen, um Schüler*innen in Nordrhein-Westfalen dabei zu unterstützen, Lernrückstände aufzuholen. Students@school wird gefördert durch das Ministerium für Schule und Bildung des Landes Nordrhein-Westfalen im Rahmen des Landesprogramms „Ankommen und Aufholen für Schülerinnen und Schüler“.
„Viele Kinder kommen von selbst auf mich zu“
Eine der über 550 Lernbegleiter*innen, die sich bei students@school engagieren, ist Kristin Kraft. Die Lehramtsstudentin ist seit dem Start der Pilotphase dabei und vom Programm begeistert. An der Gemeinschaftsgrundschule Krefelder Straße in Duisburg unterstützt sie als eine von zwei Lernbegleiter*innen die Lehrkräfte im Unterricht. Sie arbeitet mit den Grundschüler*innen in kleinen Gruppen den Lernstoff auf, der eigentlich längst sitzen sollte. „Zwar sind die Kinder sehr engagiert und interessiert, doch mitunter können manche Viertklässler*innen noch nicht richtig lesen“, berichtet Kristin Kraft, die in Bochum Germanistik und Geschichte auf Lehramt studiert. „Viele der Schüler*innen, die ich begleite, sind vor ein paar Monaten extrem hibbelig gewesen, haben nicht stillsitzen können. Andere waren schüchtern und haben sich schwergetan, um Hilfe zu bitten“, berichtet die Lehramtsstudentin. „Mittlerweile klappt es besser mit der Konzentration, und viele kommen von selbst auf mich zu und fragen nach Unterstützung.“ Für Kristin Kraft steht fest, dass sie am liebsten weiterhin im Programm und an der Schule arbeiten will. „Es ist so schön zu sehen, wie sich die Kinder mir öffnen und von der Unterstützung profitieren. Das möchte ich nicht mehr missen!“
14 Stunden pro Woche ist die Studentin als Lernbegleiterin im Einsatz. „Der Job ist sehr gut mit dem Studium vereinbar. Die Anmeldung ging total schnell, und ich wurde zum Start super von allen Seiten informiert.“ Kristin Kraft ist über ihre Uni auf students@school aufmerksam geworden. „Ich habe jahrelang Nachhilfe für Schüler*innen gegeben und bereits mehrere Praktika an Schulen gemacht, aber dabei oft nur als Beobachterin am Unterricht teilgenommen“, berichtet die 26-Jährige. „Hier fühle ich mich als gleichwertiges Teammitglied und habe das erste Mal das Gefühl, aktiv in den Schulalltag involviert zu sein und alles hautnah mitzubekommen.“
Individuelle Förderung dank Lernbegleitung
Knapp 30.000 Schüler*innen konnten bislang durch das Programm unterstützt werden. Rund 65 Prozent der geleisteten Unterstützung kam Kindern in Grundschulen zugute, vor allem in den ersten und zweiten Klassen. Doch nicht nur dort ist Hilfe gefragt. An der Gesamtschule Paderborn-Elsen sind seit März 2022 mehrere Lernbegleiter*innen von students@school im Einsatz. „Grundrechenarten, Lesen, Aufgabenverständnis – was eigentlich an den Grundschulen vermittelt werden sollte, fehlt mitunter auch bei unseren Schüler*innen. Das ist nicht nur in Deutsch und Mathe fatal. Denn wenn ich Textaufgaben nicht verstehe, habe ich auch Schwierigkeiten in Biologie, Religion und allen anderen Fächern“, sagt Christof Güldner, Lehrer für Deutsch, Gesellschaftslehre und Religion an der Gesamtschule.
„Die Gesamtschulen sind in einer besonders schwierigen Lage: Viele der Schüler*innen haben einen größeren Unterstützungsbedarf, bei uns sind es drei bis fünf Kinder pro Klasse“, erklärt Christof Güldner. „Die Gesamtschule steht für gemeinsames Lernen, aber in der Praxis stellt uns das mit den entstandenen Lücken vor eine Herausforderung.“ Der Lehrer ist froh über die zusätzliche „Manpower“, über die seine Schule dank students@school verfügt. „Für uns Lehrer*innen ist es kaum möglich, den Lernstoff zu vermitteln, der laut Lehrplan vorgesehen ist, und gleichzeitig die Kinder individuell zu fördern und mit den Defiziten umzugehen, die in den letzten zweieinhalb Jahren entstanden sind.“ Die Lernbegleiter*innen an der Gesamtschule sind einer Klasse fest zugeordnet und werden von den Lehrkräften je nach Bedarf eingesetzt. „Die individuelle Betreuung im 1:1- oder 1:2-Verhältnis ermöglicht es, Dinge noch einmal in aller Ruhe zu erklären.“
Die Teilnahme am Projekt sei ein voller Erfolg: „Die Zufriedenheit der Kolleg*innen ist dank der Unterstützung gestiegen. Die Lautstärke in den Klassen ist runtergegangen, weil es weniger Störungen gibt. Und die Noten der Schüler*innen werden ein Stück weit besser, ihre Motivation und Fähigkeit zur Eigenmotivation größer.“ Die Zusammenarbeit zwischen Lehrkräften und Lernbegleiter*innen funktioniere gut. Und die Studierenden profitierten ebenfalls von der zusätzlichen Praxiserfahrung. „Ich plädiere deshalb ganz stark dafür, das Projekt kommendes Jahr fortzusetzen“, so Christof Güldner.
Vor allem benachteiligte Schüler*innen profitieren vom Programm
Noch nie waren die Leistungen in Deutsch und Mathematik so schlecht wie heute. Laut dem IQB-Bildungstrend 2021 hat jede*r fünfte Viertklässlerin Probleme mit dem Lesen und Rechnen, fast jede*r dritte mit der Rechtschreibung. Die Unterstützung durch students@school soll deshalb vor allem zur Förderung von sprachlichen und mathematischen Basiskompetenzen beitragen. Ein Ziel, das in den letzten Monaten erreicht wurde: Die meiste Zeit der Lernbegleitungen wurde darin investiert. Rund die Hälfte der Lernbegleiter*innen unterstützt in Schulen in herausfordernden Lagen, wo der Bedarf an Förderung besonders hoch ist.
Unbürokratisches Anmeldeverfahren
Auch die Schüler*innen der Jungferntal-Grundschule in Dortmund erhalten seit März Unterstützung durch students@school. „Vieles ist in den letzten Jahren zu kurz gekommen“, sagt Schulleiterin Ina Siekmann. „Die Kinder haben nicht nur Aufholbedarf, was den Lernstoff betrifft. Manche von ihnen sind nicht in der Lage, etwas in ihrem Tornister zu finden, oder müssen zur Toilette begleitet werden, weil sie es nicht gewohnt sind, solche Wege allein zu gehen“, berichtet die Schulleiterin. Wann immer es geht, fördern Lehrkräfte und Lernbegleiter*innen deshalb auch die Selbstständigkeit der Kinder. Dabei ermöglicht die Unterstützung durch students@school es, auch individuellen Bedürfnissen der Schüler*innen nachzugehen.
Zwar hätten die letzten Jahre ihre Kolleg*innen viel Kraft gekostet, dennoch sei der Krankenstand an der Grundschule auffallend gering. „Wir haben ein tolles Kollegium, und die Unterstützung durch die Lernbegleiter*innen ist unheimlich hilfreich. Die Student*innen wurden von allen mit offenen Armen empfangen“, berichtet die Schulleiterin und lobt das unbürokratische Anmeldeverfahren von students@school. „Wir sehen definitiv erste Erfolge. Den Lernstoff aufzuholen, wird sicherlich noch einige Zeit dauern. Doch viele Kinder sind bereits viel selbstständiger geworden und in der Lage, sich besser zu konzentrieren.“