Das richtige Rüstzeug
Die Mitarbeitenden von RuhrFutur begrüßen die Lernbegleiter*innen des students@school-Programms online zum ersten Qualifizierungsmodul. © RuhrFutur
Kein Sprung ins kalte Wasser: Alle Lernbegleiter*innen von students@school erhalten im Rahmen einer mehrteiligen digitalen Weiterbildung das passende Rüstzeug, um die Lehrkräfte bei ihrer Arbeit unterstützen und die Schüler*innen individuell fördern zu können. Die Qualifizierung trägt auch den durch die Pandemie verstärkten Leistungsunterschieden und dem veränderten Lernverhalten vieler Schüler*innen Rechnung.
81 Studierende an ihren Bildschirmen lauschen gebannt, als die Schulleiterin der Dortmunder Nordmarkt-Grundschule, Alma Tamborini, zu ihrem Vortrag über die Folgen der Coronapandemie für ihre Schule ansetzt. Sie sind merklich beeindruckt von dem, was ihnen berichtet wird: etwa von pandemiebedingten Schulschließungen, in denen es zunächst darum ging, die Schüler*innen mit warmen Mahlzeiten und Kleiderpaketen zu versorgen, bevor an Matheaufgaben und Deutschunterricht gedacht werden konnte. Von Familien, in denen die Schulkinder die Einzigen sind, die Deutsch sprechen können, und deren erlernte Sprachkenntnisse während der Lockdowns teilweise wieder verloren gingen. Von großen sozialen und emotionalen Herausforderungen für die Schüler*innen, die in dieser Zeit ihre Schule und ihre Freundinnen und Freunde schmerzlich vermisst haben. Alma Tamborini drückt es so aus: „Diese Kinder, mit denen Sie arbeiten werden, haben nicht nur Schule verpasst, sondern Leben.“
Herausfordernde Situation an Schulen
Der Vortrag ist Teil der mehrteiligen Qualifizierung, die insgesamt 20 Stunden umfasst und die alle Lernbegleiter*innen absolvieren, die bei students@school mitwirken. Das Beispiel der Nordmarkt-Grundschule macht den Teilnehmenden an diesem Freitagnachmittag im Frühling 2022 eindrücklich bewusst, vor welche Herausforderungen die Coronapandemie Schulleitungen und Lehrkräfte gestellt hat und noch immer stellt. Problematisch sind nicht nur die großen Wissenslücken vieler Schüler*innen. Viele von ihnen haben Schwierigkeiten, sich im Unterricht zu konzentrieren, sind unruhig und wenig aufnahmefähig. Wie sie mit diesem veränderten Lernverhalten umgehen und wie sie Schüler*innen individuell fördern können, darauf werden die Lernbegleiter*innen im Rahmen der Qualifizierung vorbereitet. So lernen sie beispielsweise Methoden und Übungen kennen, mit denen sie die Konzentration der Kinder fördern können.
Selbstvertrauen fördern
Die Lernbegleiterinnen sollen den Schülerinnen bestärkend und motivierend zur Seite stehen. Viele von ihnen berichten, dass sie bereits nach kurzer Zeit wichtige Bezugspersonen für die Kinder geworden sind. Wie es ihnen gelingen kann, das Vertrauen der Schüler*innen zu gewinnen und eine Beziehung auf professioneller Ebene aufzubauen, ist ebenfalls Thema der Qualifizierung. Dass sie anders als eine Lehrkraft nicht für eine ganze Klasse zuständig sind, sondern in kleinen Gruppen oder einer Eins-zu-eins-Betreuung mit den Schüler*innen arbeiten, erleichtert es ihnen, auf individuelle Bedürfnisse einzugehen. Das gemeinsame Lernen in einem kleinen, ruhigen Setting macht es für die Schüler*innen leichter, wieder Spaß am Lernen zu entwickeln und Selbstvertrauen in die eigenen Leistungen aufzubauen. So können Schritt für Schritt der Lernprozess verbessert und Lernstrategien entwickelt werden. Da die Studierenden bestmöglich auf ihre Rolle als Lernbegleiter*innen vorbereitet werden sollen, ist die Teilnahme an der Qualifizierung verpflichtend. „Es wird niemand ins kalte Wasser geworfen, und die Schulen können sich darauf verlassen, dass sie qualifizierte Unterstützung erhalten“, sagt Berna Büyüknisan von RuhrFutur. Die Bildungsinitiative koordiniert das Programm students@school.
Ein guter Start
Auch ein Diversity-Training, der Umgang mit digitalen Tools und Lernsoftware, die multiprofessionelle Zusammenarbeit mit Lehrkräften, Klassenleitungen und weiteren Ansprechpartner*innen an den Schulen sowie rechtliche Rahmenbedingungen sind Themen der Qualifizierung. Wie die Lernbegleitung selbst wird auch die Teilnahme an den Modulen vergütet, am Ende erhalten die Studierenden ein Zertifikat. Bei den meisten von ihnen handelt es sich um Lehramtsstudierende in höheren Semestern, die durch ihr Studium bereits über eine pädagogische und didaktische Ausbildung und erste Praxiserfahrungen verfügen. Viele von ihnen melden zurück, dass sie sich freuen, im Rahmen der Lernbegleitung weitere praktische Erfahrungen sammeln zu können, die ihnen auch den Einstieg in ihr späteres Berufsleben erleichtern werden. Alle Module der Qualifizierung finden digital statt und werden durch Online-Selbstlerneinheiten ergänzt. In Workshops und Vorträgen teilen externe Referent*innen ihr Expert*innenwissen zu Themen wie zum Beispiel Lernbegleitung oder Kinderschutz mit den Studierenden. Außerdem haben die Lernbegleiter*innen im Rahmen der Module die Möglichkeit, sich untereinander auszutauschen und individuelle Fälle aus der Praxis zu besprechen.
Betreuung durch Hochschulen
Unterstützung in Form von Beratungsangeboten und Gruppensupervisionen erhalten die Studierenden von den an students@school beteiligten Hochschulen. „Im heutigen Berufsleben werden Lehrer*innen mit vielen neuen Problemsituationen konfrontiert. Supervisionen können helfen, das eigene Handeln und das Handeln anderer miteinander zu reflektieren und gemeinsam nach Lösungen zu suchen“, sagt Dr. Iris Bunte vom Zentrum für Lehrerbildung und Bildungsforschung der Universität Siegen. Wer als Lernbegleiter*in Unterstützung bei herausfordernden Situationen im Schulalltag benötigt – beispielsweise dem Umgang mit schwierigem Sozialverhalten von Schüler*innen –, kann sich deshalb jederzeit an die Ansprechpartner*innen an den Hochschulen wenden. Ein Angebot, von dem die Studierenden auch in Hinblick auf ihr späteres Berufsleben profitieren.
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