„Wir haben einen guten Draht zueinander“
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Anfang des Jahres haben die ersten Lernbegleiter*innen von students@school ihre Arbeit an Schulen in Nordrhein-Westfalen aufgenommen, wo sie Lehrkräfte der Jahrgangsstufen 1 bis 6 bei ihrer Arbeit unterstützen. Drei Studentinnen berichten, wie sie den Schüler*innen helfen, Lernrückstände aufzuholen, die während der Coronapandemie entstanden sind.
Waren einige Schüler*innen anfangs noch zurückhaltend, wenn es darum ging, Lernbegleiterin Laura Eulentrop während des Unterrichts um Hilfe zu bitten, ist die 23-Jährige mittlerweile zu einer wichtigen Bezugsperson für „ihre“ Viertklässler*innen geworden. Im Rahmen des students@school-Programms unterstützt die Lehramtsstudentin die Klassenlehrerin einer Dortmunder Grundschule in den Fächern Mathematik, Deutsch und Englisch. „Während des Unterrichts beobachte ich, wo Unterstützung gebraucht wird, biete den Kindern meine Hilfe an und beantworte ihre Fragen. Mit manchen von ihnen setze ich mich auch einzeln hin und gehe den Stoff noch einmal durch“, berichtet Laura Eulentrop, die Sonderpädagogik auf Lehramt an der Technischen Universität Dortmund im Masterstudiengang studiert. „Durch die regelmäßige Begleitung an drei Tagen pro Woche konnte ich schnell ein enges Verhältnis zu den Kindern aufbauen und ihr Vertrauen gewinnen. Wir haben einen guten Draht zueinander.“
Individuelle Förderung
Die Förderung durch die Lernbegleiter*innen ist individuell und orientiert sich am Kenntnisstand des jeweiligen Kindes. Die Pandemie und die damit verbundenen Auswirkungen auf den Schulbetrieb wie Schulschließungen und Distanzunterricht haben nicht nur dazu geführt, dass viele Schüler*innen den Anschluss verloren haben, sondern zusätzlich auch mit Motivationsproblemen und Konzentrationsschwierigkeiten kämpfen.
„Es geht nicht nur darum, Unterrichtsstoff aufzuholen, sondern auch um das Vermitteln von Lernmethoden und Herangehensweisen“, sagt Laura Eulentrop. Als Lernbegleiterin kann sie ihr im Studium erworbenes didaktisches Wissen in der Praxis erproben und sammelt Inspiration für ihren künftigen Beruf. „Der regelmäßige Kontakt zu den Kindern hilft mir, für mich herauszufinden, was für eine Lehrerin ich sein will.“
Eine neue Perspektive einnehmen
Je nach Bedarf unterstützen die Lernbegleiter*innen von students@school im Unterricht, fördern einzelne Schüler*innen individuell oder in Kleingruppen. Vertretungsunterricht oder Aufsichtstätigkeiten dürfen sie nicht übernehmen. Im Fokus der Lernbegleitung stehen sprachliche und mathematische Basiskompetenzen. Bis zu 19 Stunden pro Woche können die Lernbegleiter*innen an den Schulen eingesetzt werden. Katrin Berszuck hat über ihre Hochschule von dem Programm erfahren. Die 20-Jährige studiert Grundschullehramt im sechsten Semester an der Universität Duisburg-Essen. „Viele meiner Kommiliton*innen arbeiten neben dem Studium als Vertretungslehrer*innen. Mir gefiel die Möglichkeit, als Lernbegleiterin eine etwas andere Perspektive einnehmen zu können“, berichtet die Studentin. Nachdem sich Katrin Berszuck auf students-at-school.de registriert und ihre bevorzugten Einsatzorte und Arbeitszeiten angegeben hatte, wurde sie an eine Grundschule in Krefeld vermittelt. „Der Schulleiter hat sich sehr viel Zeit für unser Kennenlerngespräch genommen, und ich hatte gleich ein gutes Gefühl.“ Wie alle Lernbegleiter*innen nimmt die Lehramtsstudentin an einer Qualifizierung mit einem Gesamtumfang von 20 Stunden teil, außerdem steht ihr begleitend zu ihrer Arbeit eine Supervision zur Verfügung. Bezahlt wird die Lernbegleitung mit 15 Euro pro Stunde.
Als Studentin, die einen Großteil ihres Bachelorstudiums während der Coronapandemie absolviert hat, kennt Katrin Berszuck Distanzunterricht aus eigener Erfahrung. „Für Schulkinder war und ist diese Zeit natürlich noch viel schwerer. Ich freue mich deshalb, wenn im Rahmen des Programms diejenigen Unterstützung bekommen, die sie besonders dringend brauchen – zum Beispiel, weil ihre Eltern sich keinen Nachhilfeunterricht leisten können.“
Von der Postbotin zur Lernbegleiterin
An einem Großteil der Schulen, an denen die Lernbegleiter*innen von students@school im Einsatz sind, waren die Schüler*innen bereits vor Corona mit besonderen Herausforderungen konfrontiert. Viele von ihnen stammen aus sozial benachteiligten Familien. Die Pandemie hat ihre ohnehin prekären Lebenslagen in vielen Fällen noch verschärft. Der Anteil derjenigen, die einen internationalen Familienhintergrund haben, ist ebenfalls hoch. In manchen Familien sind die Kinder die Einzigen, die über Deutschkenntnisse verfügen. Und auch diese haben sich mitunter während der Pandemie verschlechtert. Melissa Karakaya freut sich darauf, diese Kinder als Lernbegleiterin gezielt zu unterstützen. „Der Job kam für mich wie gerufen. Ich habe vorher nebenbei als Postbotin gearbeitet, wollte aber lieber etwas machen, das mit meinem Studium zu tun hat“, erzählt die 24-Jährige, die Gymnasiallehramt an der TU Dortmund studiert. „Ich komme selbst aus eher schwierigen Verhältnissen und weiß, wie es ist, wenn einem die Eltern nicht bei den Hausaufgaben helfen können.“
Die Lernbegleitung in der zweiten Klasse einer Bottroper Grundschule sieht Melissa Karakaya auch als Chance für sich, andere Lehrmethoden und eine neue Schulform kennenzulernen. „Ich kenne die Arbeit am Gymnasium aus meinem Eignungs- und Orientierungspraktikum, finde es aber spannend, zu erfahren, wie es an der ‚Basis‘ aussieht – also wie der Wissensstand bei den Schüler*innen ist, die später zu mir auf die weiterführende Schule kommen.“ Ihr Ziel ist es, jede Schülerin und jeden Schüler zum Lernen zu ermutigen. „Niemand soll das Gefühl haben, dass er oder sie es nicht schaffen kann. Das ist mir sehr wichtig.“